Wahr gewordene Science Fiction für Obstfliegen
"Traktorstrahl aktivieren!" – Was uns als einprägsamer Befehl aus diversen Star Trek- und Star Wars-Adaptionen bekannt ist, ist nun endgültig in den Forschungslaboren angekommen.
Ganz real und gar nicht Science Fiction experimentieren Forscher nämlich schon seit mehreren Jahrzehnten daran, Objekte berührungslos zu halten oder zu bewegen.
Das Bild eines farbigen Lichtstrahls müssen wir jedoch aus unseren Köpfen verbannen – die Realität sieht anders aus bzw. hört sich anders an. Denn Wissenschaftler nutzen statt Licht- Schallwellen, mit denen sie kleine Kügelchen berührungslos durch die Luft tragen.
Die Technik, die diesen scheinbaren Zaubertrick ermöglicht, ist verblüffend einfach und anschaulich: sich in die Höhe schraubende Wirbel aus Ultraschall. Diese werden von Lautsprechern ausgesendet, die kugelschalenförmig angeordnet sind. So wird das Objekt – im Versuch ein kleines Kügelchen mit 1,6 Millimetern Durchmesser – permanent angestoßen und bekommt von allen Seiten winzige Impulse. Für größere Objekte zeigte sich, dass diese Stöße einen Drall hervorrufen, der die Gegenstände aus dem Fokus der Lautsprecher bewegt.
Eine Forschergruppe um Asier Marzo von der University of Bristol vermutet, dass dieses Verhalten darauf zurückzuführen ist, dass die genutzte Wellenlänge die Größe des Traktorstrahls beeinflusst. Aus diesem Grund wiederholten sie das Experiment und variierten in Millisekunden-Zeitabständen die Drehrichtung der Schallwellen. Tatsächlich gelang es ihnen so, Objekte im Traktorstrahl zu halten, die den Durchmesser von 1,6 Millimetern deutlich überschritten – in ihrem Fachartikel beschrieben die Wissenschaftler eine erfolgreiche Durchführung mit einem 1,6 Zentimeter großen Styroporkügelchen.
Mit einer Dichte von etwa 1,04 Gramm pro Kubikzentimetern ist Styropor jedoch ein vergleichsweise wenig dichtes Material. Laut Marzo sollte es möglich sein, entsprechend kleine Objekte mit bis zu 1,25 Gramm pro Kubikzentimetern (z.B. Plexiglas) im Traktorstrahl zu halten.
So kamen die Forscher auf eine interessante Idee: Theoretisch sollte es möglich sein, eine Tau- oder Obstfliege im Strahl einzufangen, ohne ihr zu schaden.
Doch der Ultraschall-Traktorstrahl ist keineswegs nur eine Spielerei eines Science Fiction-Fans. Vielmehr stellt das Team der University of Bristol in Aussicht, dass er in Zukunft einen ganz praktischen Nutzen haben könnte. Laut Marzo kann es möglich werden, beispielsweise Medikamente im Körper eines Menschen zu transportieren. Auch das Schweben eines Menschen ist nun näher gerückt, da durch die Modulierung der Schallwellen die Intensität niedrig gehalten werden kann – bisher wurde davon ausgegangen, dass für so große Objekte die Schallwellen extrem stark sein müssten.
Ein Einsatz im All könnte wiederum problematischer werden, da sich Schallwellen im Vakuum des Universums nicht ausbreiten können. Somit wären Weltraumreisende doch wieder auf die bekannten farbigen Lichtstrahlen der (noch) Science Fiction angewiesen – wie genau diese Art von Traktorstrahl aussehen könnte, ist weiterhin ein heißes Thema der Forschung.