Terraforming - Behält die Science Fiction Recht?
Derzeit befindet sich unser roter Nachbar auf dem Weg zum sonnennächsten Punkt (Perihel) seiner Umlaufbahn, den er im September 2018 erreichen wird. Aus diesem Grund konnten wir am vergangenen Freitag, 27. Juli 2018, ein besonderes Ereignis bestaunen – die Perihel-Opposition des Mars. Zusammen mit der längsten totalen Mondfinsternis unseres Jahrhunderts gerieten nicht nur Astronomen in helle Begeisterung angesichts dieses spektakulären Anblicks, sondern wurde auch die Fantasie der Betrachter beflügelt: Wie ist es wohl auf dem roten Planeten? Können Menschen dort wirklich überleben? Was müssen wir tun, um den Mars zu besiedeln?
Die Idee, den Mars als zweite Erde zu nutzen, ist nichts Neues. Und auch die Mittel, wie diese Besiedlung erreicht werden könnte, schwirren im Großen und Ganzen um ein Thema: Terraforming. Bei dieser im planetaren Maßstab fiktiven Technik wird ein Planet oder Mond durch den Einsatz verschiedenster Methoden so geformt und umgestaltet, dass darauf menschliches Leben ohne weiteren technischen Aufwand möglich ist.
Für die Besiedlung des Mars legte eine Forschergruppe 1991 sogar verschiedene Grenzparameter fest, zwischen denen sich ein optimierter, terra-geformter Mars bewegen müsste, was beispielsweise eine globale Temperatur zwischen 0 °C und 30 °C beinhaltet. So wäre beispielsweise eine Klimabeeinflussung auf dem roten Planeten denkbar, durch die die Polkappen schmelzen, Kohlendioxid frei wird und sich schließlich eine Atmosphäre bildet, die durch den Treibhauseffekt aufgeheizt wird. Dieser hätte nach langer Zeit eine entsprechend hohe Globaltemperatur sowie einen angepassten Luftdruck zur Folge, sodass „nur“ noch durch Aussaat für Vegetation gesorgt werden müsste. Die für uns lebensnotwendige Sauerstoffproduktion übernehmen dann idealerweise die Pflanzen durch Photosynthese. Übrigens: Zur Art und Weise, was diese „Klimabeeinflussung“ sein müsste, gibt es die verrücktesten Ansätze. Während einige Terraforming-Optimisten wie Elon Musk von nuklearen Sprengsätzen an den Marspolen träumen, durch mehrere hundert Kilometer große Spiegel Licht auf den Mars lenken wollen oder gar Kometen aus dem All einfangen wollen, um sie auf den Planeten stürzen zu lassen, wollten andere – ganz bodenständig –gewaltige Fabriken auf den Mars setzen, die durch ihre ausgestoßenen FCKW-Gase den Treibhauseffekt ankurbeln sollten.
Bruce M. Jakosky von der Universität von Colorado hat sich nun der Frage angenommen, ob es überhaupt genug gefrorenes Kohlendioxid auf dem Mars gibt bzw. wie viel davon durch Schmelzen zum Freiwerden (Ausgasen) gebracht werden könnte. Das Ergebnis seiner Studie ist ernüchternd: Da der Hauptanteil des Kohlendioxids viele Kilometer unter der Marsoberfläche liegt – im sogenannten Regolithgestein, das erst nach etwa 10.000 Jahren genügend aufgeheizt wäre, um das Gas freizugeben – reicht der Kohlendioxid-Anteil in den Polkappen nicht aus, um eine für uns irgendwann einmal habitable Atmosphäre auf dem Mars zu erzeugen. Der maximale Atmosphärendruck auf dem roten Planeten wäre dann, laut Jakosky, nur 2% des irdischen, was nicht für die weiteren nötigen klimatechnischen Schritte ausreicht.
Und sogar die Science Fiction von Star Trek widmete sich eher gehalten dem Thema Terraforming. So ist beispielsweise im Prequel (Star Trek: Enterprise) zur Originalserie ein Atmen oder gar Leben auf dem Mars ohne Schutzanzüge nicht möglich und auch im Film „Star Trek II: Der Zorn des Khan“ wird das Terraforming-Projekt Genesis mehr kritisch als optimistisch beleuchtet. Auch dem enormen Eingriff, den Terraforming in die möglicherweise unentdeckten Vorgänge auf fremden Planeten haben kann, wird sich in „Star Trek: Das nächste Jahrhundert“ (Ein Planet wehrt sich) intensiv gewidmet.
Wieder einmal sollte also die Science Fiction Recht behalten und die Fantastereien der Terraforming-Optimisten bremsen. Denn letztendlich wäre das künstliche Erzeugen einer zweiten Erde nur eine Flucht vor den Problemen, mit denen wir auf unserer eigenen Heimat zu kämpfen haben.
