Live: Planetengeburt
Die Suche nach Exoplaneten ist – so ernüchternd es auch klingt – inzwischen längst zum Alltag der Forscher geworden. Die Methoden, mit denen fremde Welten aufgespürt werden, sind zur Genüge getestet und in der Praxis etabliert und so reicht die Zahl der entdeckten und zum Teil bestätigten Exoplaneten derzeit bis knapp an die 4000er-Marke.
Nun allerdings kam erneut Schwung in die Routine! Miriam Keppler und ihr Team vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) konnten kürzlich eine bislang einzigartige direkte Beobachtung machen: ein sich gerade bildender Exoplanet.
Gelungen ist dieser Fund mit Hilfe des Very Large Telescope (VLT) der ESO in Chile. In ihrer Veröffentlichung schreiben die Astronomen, dass PDS 70b – so der offizielle Name des jungen Gasplaneten – innerhalb einer Lücke der protoplanetaren Scheibe seines Muttersterns gefunden wurde. Diese Scheibe ist eine ringförmige Struktur aus Gas und Staub, die sich um einen Protostern ansammelt. Besonders an diesen jungen Sternen ist, dass sie noch nicht vollkommen ihr hydrostatisches Gleichgewicht erreicht haben und daher stetig Materie aus der Scheibe aufnehmen, bis sie schließlich ein Stern im Gleichgewicht sind. Weiterhin sind protoplanetare Scheiben die Ursprünge jedes Planetensystems: Durch Verklumpungen, Kollisionen oder Gravitationsinstabilitäten innerhalb der Scheibe ballt sich Materie lokal zusammen, woraus im Laufe von Jahrmillionen erdähnliche oder Gasplaneten erwachsen.
Und so konnte Keppler mit ihrem Team nun einen ebensolchen Gasplaneten in seinen Kinderschuhen beobachten. In 370 Lichtjahren Entfernung zur Erde kreist PDS 70b in rund drei Milliarden Kilometern (das entspricht dem 20-fachen Abstand zwischen Sonne und Erde bzw. 20 Astronomischen Einheiten) um seinen Mutterstern. Diese Stern-Planet-Distanz entspricht etwa der zwischen Uranus und unserer Sonne, sodass der Planet ca. 120 Jahre für eine Umrundung benötigt. Als junger Gasriese zählt PDS 70b zu den sogenannten heißen Jupitern, weist eine Temperatur von 1000 °C auf und ist dabei allerdings um ein Vielfaches größer als "unser" Jupiter.
Sein Mutterstern, PDS 70, ist mit etwa 5,4 Millionen Jahren (zum Vergleich: unsere Sonne ist ca. 4,6 Milliarden Jahre alt) ein junger Stern mit 0,82 Sonnenmassen und zählt zur Klasse der T-Tauri-Sterne. Diese Vorläufersterne entwickeln sich weiter zu Hauptreihensterne, zu denen auch unsere Sonne zählt. Seine protoplanetare Scheibe weist einen Durchmesser von 130 Astronomischen Einheiten auf, wobei der junge Exoplanet eine deutliche Lücke verursacht, da er das Gas und den Staub der Scheibe aufsammelt.
Ihre bislang einzigartige Aufnahme lässt die Heidelberger Astronomen bereits träumen: So sehen sie in der Beobachtung des PDS 70-Systems beispielsweise die Möglichkeit, Modelle zur Planetenentwicklung deutlich zu präzisieren und auf "Praxistauglichkeit" zu überprüfen.
