Unbekanntes Bombardement auf Tschuri
Voller Spannung wurde die Mission der Raumsonde Rosetta von Astronomen weltweit verfolgt. Schließlich handelte es sich bei dem Manöver, das die Sonde durchführen sollte, um ein ganz besonderes: Ziel war es, den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko aus nächster Nähe zu erforschen. Und so startete Rosetta im März 2004 ihre Reise. Diese führte sie nach abwechselnden Swing-By-Manövern an der Erde und dem Mars, vorbei an einem Asteroiden, wieder zurück zur Erde, wo sie genug Schwung nahm, um in den tiefen Raum vorzudringen. Im August 2014 näherte sich die Sonde schließlich dem Kometen 67P an und schwenkte im Oktober 2014 in eine Umlaufbahn in zehn Kilometern Abstand ein. Doch dieser Flug war nur der erste Teil der spektakulären Mission.
Im weiteren Verlauf stellte der Einsatz des Landers Philae ein absolutes Novum dar. Dieser sollte, als erstes von Menschen geschaffenes Objekt, auf dem Kometen landen und direkt vor Ort Untersuchungen durchführen.
Und so wurden bereits im August 2014 fünf Landeplätze auf Komet Tschuri in die engere Wahl genommen, von denen im September zwei ausgewählt wurden. Da der Lander selbst nicht über einen eigenen Antrieb verfügte, war es bei dieser Auswahl besonders wichtig, dass sich die solar gespeisten Akkus des Landers an einem sonnigen Platz wieder aufladen konnten – eine Bedingung, die jedoch von keinem der vorgesehenen Landeplätze zu 100% erfüllt wurde.
Auch die Landung selbst am 12. November 2014 lief nicht so ab, wie es sich die Astronomen gewünscht hatten: Erst beim dritten Bodenkontakt blieb Philae auf dem Kometen und kam zum Stillstand, da die sogenannte Anpress-Rückstoßgasdüse nicht funktioniert hatte und sich die Harpunen nicht wie geplant in den Kometen bohrten.
Und so untersuchte Philae den Kometen bis September 2016 aus einer bisher nie dagewesenen Nähe und gewann wertvolle Informationen – und gab ein großes Rätsel auf.
Denn in der Gashülle von 67P fand der Lander unerwartet große Mengen molekularen Sauerstoffs, dessen Herkunft bis jetzt nicht klar war.
Yunxi Yao und Kanstantinos P. Giapis vom California Institute of Technology untersuchten nun in verschiedenen Laborexperimenten, wie Sauerstoffmoleküle entstehen können. Und die Antwort war unterwartet. So berichten beide Forscher, dass der Sauerstoff des Kometen Tschuri bei einer sogenannten Eley-Rideal-Reaktion entstanden ist. Eine vergleichsweise „gewaltsame“ Reaktion, bei der Moleküle mit großer Energie auf eine Oberfläche auftreffen und mit deren Molekülen reagieren und zurückgestoßen werden.
Im Falle des Kometen Tschurjumow-Gerassimenko erreichte die Menge des molekularen Sauerstoffs sogar Werte von bis zu einem Zehntel der Menge an Wassermolekülen. Nach den Ergebnissen der Rosetta-Mission in Verbindung mit den neu gewonnenen Erkenntnissen gast Wasser vom Kometenkern aus, wobei durch die starke UV-Strahlung der Sonne je ein Elektron verloren geht. So entstehen Ionen, die vom Sonnenwind beschleunigt werden und sehr energiereich wieder auf die Kometenoberfläche zurückgelenkt werden.
Beim Aufprall zerfällt dieses ionisierte Wasser schließlich in seine Bestandteile (Wasserstoff- und Sauerstoffatome) und reagiert mit den jeweiligen Bestandteilen der Oberfläche. Yao und Giapis entdeckten mittels ihrer Experimente, dass dabei Eisenoxide oder Silikate beim Auftreffen der Oberfläche entrissen werden, wobei als Nebenprodukt molekularer Sauerstoff entsteht.
Dass diese Reaktion bei anderen Kometen zu finden ist, konnte jedoch bisher nicht zweifelsfrei bestätigt werden. Vielleicht wird es in Zukunft noch weitere Missionen dieser Art geben, die ein von Menschen geschaffenes Objekt auf einem Kometen landen lässt.