Goldilocks Ökosphäre
Die habitable Zone (engl. Goldilocks Zone), früher auch Ökosphäre genannt, ist der Bereich eines Planetensystems, in dem der Abstand zum Zentralgestirn gerade so groß ist, dass Wasser in flüssiger Form existieren kann. Damit ist eine Voraussetzung gegeben, damit sich erdähnliches Leben auf der Oberfläche entwickeln kann.
Dabei ist der Abstand zum Zentralgestirn natürlich vom Stern selbst, seiner Leuchtkraft und der abgegebenen Wärme abhängig. Ging man früher davon aus, dass nur sonnenähnliche Sterne lebensfreundliche Zonen entstehen lassen, werden heute auch Rote oder Weiße Zwerge betrachtet.
Und auch die immer präzisere Erkundung unseres Sonnensystems weicht alte Grenzen zunehmend auf. So machte der Nachweis von Wasser auf verschiedenen Monden weit außerhalb der habitablen Zone deutlich, dass dieser Bereich nicht der einzige zu sein scheint, in dem Leben möglich ist. Daher werden nun vermehrt Stimmen laut, die Definition der habitablen Zone zu ändern. Und auch die Grundbedingungen, nach denen Leben existiert, werden immer mehr hinterfragt; Ideen über Leben in extremer Kälte, Dunkelheit oder noch unwirtlicheren Voraussetzungen werden laut. Und auch die Suche nach flüssigem Wasser wird auf unerwartete Orte ausgedehnt.
Anlass dazu gaben allerdings schon verschiedene Entdeckungen auf der Erde: Bereits in den 1970er-Jahren fanden Forscher einen riesigen See unter kilometerdickem Eis in der Antarktis. Bis heute sind fast 400 dieser versteckten Meere bekannt und inspirierten Astronomen, auch an unvorstellbaren Orten das Unmögliche zu erwarten. Und so fanden jüngst verschiedene Raumsonden flüssiges Wasser unter den eisigen Krusten auf Jupiter- und Saturnmonden – weit außerhalb der habitablen Zone. Und auch die Entdeckung von Bakterien, die in den Poren von Sandstein der Antarktis existieren oder eines eigenständigen Ökosystems in den Tiefen des Pazifiks ließen bereits 1976 vermuten, dass sich (mikrobisches) Leben womöglich doch an bislang als lebensfeindlich eingestuften Orten entwickeln kann.
Die Voyager-Mission 1977 öffnete schließlich den Forschern sprichwörtlich die Augen. Nachdem sich niemand revolutionäre Erkenntnisse von der Mission erhofft hatte, ermöglichte es die Sonde, in völlig unbekanntes Terrain vorzudringen. Ihre Bilder vom aktiven Vulkanismus auf Io, der dicken Atmosphäre von Titan oder der offensichtlich von Gezeiten bewegten Kruste von Europa nährten Spekulationen und ließen wilde Theorien entstehen.
Die folgenden Missionen wie die der Galileo- oder Cassini-Sonde brachen letztlich die Grenzen der habitablen Zone auf und entfachten die erneute Diskussion nach den Bedingungen für Leben.
So gehen heutige Forschungen deutlich weg von einer einzigen habitablen Zone und hin zu mehreren Zonen eines Planetensystems, in denen flüssiges Wasser vorkommen kann. Neben der ursprünglichen Zone – in der sich auch die Erde befindet –, in der die Strahlung des Zentralgestirns das Wasser flüssig hält, werden nun auch Bereiche um Gasriesen in Betracht gezogen. In diesen Gebieten wären statt der Wärme des Sterns vielmehr Gezeitenkräfte dafür verantwortlich, dass Wasser in flüssiger Form existiert.
Doch bisher ist es nicht möglich, diese Theorie von unserem eigenen Sonnensystem auf ferne Systeme zu übertragen, da die Beobachtungstechnik nicht ausgereift genug ist, um versteckte Ozeane unter fernen Eiskrusten zu erkennen. Vielmehr konzentrieren sich Astronomen bei der Observation wieder auf die „traditionelle“ habitable Zone. Dennoch zeigen sie sich zuversichtlich, dass der rasche technische Fortschritt in den nächsten Jahrzehnten ermöglicht, auch Anzeichen der neuen Ökosphären zu detektieren.
Bis es soweit ist, muss weiterhin mit dem Unmöglichen gerechnet werden – Überraschungen inklusive.
