Der unsichtbare Schutzschild
Das Magnetfeld der Erde ist eine der Grundvoraussetzungen für das Leben, so wie wir es kennen. So wirkt es wie eine Art Schutzschild und schirmt uns vor kosmischer Strahlung ab. Ohne diese natürliche Barriere könnten Sonnenwinde und radioaktive Strahlung ungehindert auf die Erdoberfläche gelangen und extrem negative Auswirkungen haben.
Das Magnetfeld selbst besteht dabei aus drei Hauptkomponenten, die sich in ihren Ursprüngen unterscheiden. Etwa 95% des Feldes sind auf den Geodynamo in der flüssigen Hülle des Erdkerns zurückzuführen. Diese Komponente ändert sich nur auf großen Zeitskalen und hat die Form eines magnetischen Dipols (mit magnetischem Nord- und Südpol) erreicht. Besonders an dieser Dipolkomponente ist, dass sich die Pole im Laufe der Geschichte mehrmals auf sogenannte geomagnetische Exkursionen begeben haben, wobei sich ihre Position auf Erde um bis zu 20 Grad verschoben hat. Derzeit ist die Achse des Magnetfeldes um fast 10 Grad zur Erdachse verschoben. Zudem ergaben Analysen der ozeanischen Kruste, dass die Pole im Mittel etwa alle 250.000 Jahre einen Polsprung erfahren. Dabei baute sich das Feld nach einem Einbruch in umgekehrter Richtung wieder auf. Und auch heute sind die magnetischen Pole alles andere als stabil und an einen Ort gebunden. So wandert beispielsweise der arktische Magnetpol in Kanada etwa 90 Meter pro Tag in Richtung Nord-Nordwest. Auch wird derzeit eine sehr rasche Schwächung des Erdmagnetfelds registriert. Die Ursache dieses Abbaus ist bisher nur teilweise bekannt.
Der zweite Anteil des Erdmagnetfelds hat seine Ursache in elektrischen Strömen, die in der Ionosphäre und Magnetosphäre (ab 80 Kilometer Höhe, bis in den interplanetaren Raum) entstehen. Mit 1–3% an der Erdoberfläche ergibt sich die Komponente einerseits aus Winden in der Ionosphäre, andererseits auch aus Wechselwirkungen der Magnetosphäre mit den Partikeln des Sonnenwindes. Durch diesen Teilchenbeschuss aus Richtung der Sonne wird das Magnetfeld zudem auf der Tagseite stets gestaucht und auf der Nachtseite zu einem langen, schlauchartigen Gebilde geformt. Diese magnetischen Stürme sind es auch, die nach einer Wanderung der Partikel das faszinierende Phänomen der Polarlichter verursachen.
Den geringsten Anteil am Erdmagnetfeld bildet schließlich das Feld der sogenannten remanenten Magnetisierung. Remanent magnetisiertes Material tritt natürlicherweise in Gesteinen der Erdkruste auf. Diese besitzen ferrimagnetische Eigenschaften (nicht zu verwechseln mit Ferromagnetismus) und wurden, als sie noch im flüssigen Zustand waren, durch das äußere Erdmagnetfeld beeinflusst. Nach dem Abkühlen und Erhärten wurde das Gestein schließlich dauerhaft magnetisiert, was heute in lokalen Störfeldern messbar ist. Auf diese Weise wird die Geschichte des Erdmagnetfelds sozusagen im Stein gefangen und Forschern gelang es sogar, in über vier Milliarden alten Gesteinsproben eine Magnetisierung festzustellen.
Doch nicht nur natürlich vorkommendes Gestein gibt Wissenschaftlern einen Einblick in die magnetische Historie der Erde: Ein israelisch-amerikanisches Forscherteam um Erez Ben-Yosef von der Universität Tel Aviv konnte nun anhand von 67 Tonkrügen das Erdmagnetfeld von vor 3000 Jahren rekonstruieren. Die Untersuchungen zeigten, dass schon damals die Stärke des Feldes enorm schwankte und sogar innerhalb von 30 Jahren um bis zu 27% abschwächte! Das Alter der Tonkrüge konnte zweifelsfrei durch Stempel des herrschenden Adelsgeschlechts zugewiesen werden. Im Labor wurde schließlich der Effekt der remanenten Magnetisierung genutzt, um herauszufinden, welche Stärke das Magnetfeld beim Brennen des Tons hatte.
Die Ergebnisse von Ben-Yosefs Team führen die Debatten um einen derzeitigen Abfall des Erdmagnetfelds einen Schritt weiter. So diskutieren Wissenschaftler, ob unser heute deutlich an Stärke verlierendes Magnetfeld von einer bevorstehenden Umpolung zeugt.
