Die Dimensionen des Lebens
Für uns Menschen ist es selbstverständlich, dass sich alles, was wir tun, in drei Dimensionen abspielt. Unser „Koordinatensystem des Lebens“ hat drei Achsen: x, y, z – vor und zurück, links und rechts, oben und unten. Und auf dieser für uns ganz natürlichen und alltäglichen Tatsache beruht alles, was wir wissen. Wir haben Naturgesetze gefunden, die auf drei Dimensionen basieren – oftmals ohne, dass wir es hinterfragen.
Doch eine internationale Forschergruppe wagte sich nun, eben genau diesen Fakt zu hinterfragen und entwarf eine Theorie, die erklären soll, weshalb unser Universum genau drei Dimensionen hat.
Thomas Kephart von der Vanderbilt Universität, Nashville, Tennessee, und sein Team stellten sich zur Aufgabe, herauszufinden, warum unser Universum offensichtlich nur drei wahrnehmbare Dimensionen hat. Die Idee dazu, so Kephart, entstand aus der Tatsache, dass verschiedene Szenarien der Quantengravitationstheorie von bis zu zehn Dimensionen ausgehen – Dimensionen, die nicht wahrgenommen werden können aber dennoch vonnöten sind.
Bei ihrer Untersuchung kombinierten die Wissenschaftler sowohl Teilchenphysik wie auch die sogenannte mathematische Knotentheorie. Letztere ist ein Gebiet der Topologie und beschäftigt sich daher mit den Eigenschaften bestimmter Knotenstrukturen. Unter Knoten kann man sich dabei tatsächlich das Bild einer verknoteten Schnur vorstellen. Nimmt man beide Enden dieser Schnur und klebt sie zusammen, spricht man mathematisch von „einer Einbettung einer Kreislinie im dreidimensionalen Raum“.
Doch was haben verknotete Schnüre mit unserer dreidimensionalen Welt zu tun?
Grund für das Nutzen der Knotentheorie ist, dass sich das Forscherteam des Konzepts der „flux tubes“ bediente. Unter flux tubes stellen sich Wissenschaftler flexible Energie-Röhren vor, die Elementarteilchen miteinander verbinden. Der Vorstellung nach verschwinden diese Röhren in dem Moment, wenn ein Elementarteilchen mit seinem Gegenpart in Kontakt kommt. So löschen sich beispielsweise ein Quark und sein durch ein flux tube zugehöriges Antiquark bei Kontakt gegenseitig aus – man spricht von Annihilation –, wobei auch die verbindende Energie-Röhre verschwindet.
In Momenten gravierender Umbrüche, wie zum Beispiel dem Urknall, werden die Teilchenpaare auseinander gezogen, wodurch sich auch die flux tubes verlängern bis sie schließlich reißen. Dabei setzen sie so viel Energie frei, dass ein zweites Teilchenpaar entsteht; somit existieren dann zwei durch Energie-Röhren verbundene Teilchenpaare. Waren die flux tubes dabei zu einem Netzwerk verknotet, hätte dieses, so Kephart, genug Energie enthalten, um die Inflation des Universums in seinen Kindertagen zu befeuern.
Aber – und so schließt sich der Kreis: Diese Vorgänge sind ausschließlich dann möglich, wenn unser Universum in drei Dimensionen existiert. In vier oder mehr Dimensionen wäre ein solcher Prozess instabil. Mit anderen Worten: Nur drei Dimensionen des Universums konnten während der Inflation aufgebläht werden, ohne zu zerfallen. „Unsere“ drei Dimensionen.
Und auch mit bereits bestehenden Theorien kommt Kepharts Forschung in Einklang: So geht beispielsweise die Super-String-Theorie davon aus, dass das Universum im Moment des Urknalls zehn Dimensionen hatte, von denen nur drei expandierten.
Im nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler diese theoretischen Überlegungen eines flux tube-Netzwerkes dazu nutzen, um die heute sichtbare Natur des Universums zu erklären.
