Der organische Nachhall von Cassini
Die Raumsonde Cassini-Huygens (NASA, ESA und ASI) – 1997 gestartet – gehört inzwischen schon zu den Legenden unserer Botschafter im All. Seit sie im Jahr 2004 in den Orbit des Saturn eingeschwenkt ist, versorgte sie uns mit spannenden Einblicken in die Welt des Ringplaneten. Mit ihrem Eintritt in die Atmosphäre des Planeten fand sie im September 2017 ein spektakuläres Ende; seither werten Astronomen noch immer die Daten der Sonde aus, die sie über 13 Jahre lang gesammelt hat.
Zu den überraschendsten Ergebnissen der Mission zählen ohne Frage die Erkenntnisse, die Cassini über den Saturnmond Enceladus liefern konnte. Ursprünglich als eher wenig spannender Eismond abgetan, sollte sich das Bild von Enceladus mit Cassinis Fotos ändern. Diese zeigten, dass der Mond mehrere hundert Kilometer große Fontänen ins All schleudert, was auf einen unterirdischen Ozean aus flüssigem Wasser hindeutet. Diese Annahme wurde durch die Detektion von Eis in den Fontänen bestätigt. Weiterhin zeigte sich, dass sie einen hohen Anteil an organischen Substanzen enthalten, sodass Enceladus auch in der Diskussion über mögliches extraterrestrisches Leben interessant wurde.
Kürzlich abgeschlossene Analysen dieser Daten ergaben nun, dass es sich bei diesen Substanzen um hochkomplexe organische Makromoleküle handelt. Diese Makromoleküle können, so Dr. Frank Postberg vom Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg, nur durch ebenso komplexe chemische Prozesse erzeugt werden. So vermuten die Forscher, dass die organischen Verbindungen durch das warme Hydrothermalsystem im Kern des Mondes aus dem Gestein gewaschen werden, sich im Wasser des Ozeans sammeln und schließlich durch Gasbläschen an seine Oberfläche gelangen. Diese befindet sich wenige hundert Meter unter der Eiskruste des Mondes.
Die Analyse der Moleküle zeigte außerdem, dass es sich um eine Mischung aus aromatischen (ringförmigen) und aliphatischen (linearen) Kohlenwasserstoffen handelt. Diese bilden, in Verbindung mit Sauerstoff und Stickstoff, Moleküle aus Hunderten von Atomen, die nicht wasserlöslich sind.
Somit entsteht an der Oberfläche des Enceladus-Ozeans eine Art Molekülfilm, in dem die organischen Substanzen hochkonzentriert gesammelt werden. Durch die Fontänen werden dann große Mengen der Moleküle ins All geschleudert.
Mit der Entdeckung, dass es sich bei Enceladus um eine mögliche Brutstätte außerirdischen Lebens handeln könnte, rücken auch andere, bislang als uninteressant geltende, Eismonde in das Blickfeld der Forscher. So zeigt sich Prof. Mario Trieloff vom Klaus-Tschira-Labor für Kosmochemie des Instituts für Geowissenschaften überzeugt, dass in Zukunft auch andere Eismonde als mögliche Habitate für extraterrestrisches Leben das Ziel von Sonden-Missionen sein werden.
Auch Enceladus selbst könnte, so Trieloff, eine eigene Mission bekommen. In dieser müsse dann geklärt werden, ob den komplexen Molekülen hydrothermale oder biogene Prozesse zugrunde liegen.
