Das Magellansche Trio
Der nördliche Sternenhimmel – „unser“ Sternenhimmel – ist ein vertrauter Anblick und bietet, je nach Jahreszeit, verschiedene Highlights, die uns staunen lassen.
Der Nachthimmel des Südens und somit der Teil der Himmelskugel, der unterhalb des gedachten Himmelsäquators liegt ist vielen von uns unbekannt. Dennoch dabei bietet natürlich auch der Südhimmel eine faszinierende Vielfalt, nicht zuletzt, weil das Zentrum der Milchstraße ca. 20° südlich des Himmelsäquators liegt, was eine etwas größere Anzahl an sichtbaren Fixsternen zur Folge hat. Neben den Sternbildern Kreuz des Südens, das auch als Südpol-Aufsuchhilfe dient, Centaur, Schiff Argo und Skorpion sind vor allem die beiden Magellanschen Wolken besondere Hingucker. Diese irregulären Zwerggalaxien befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Milchstraße und sind somit Teil der Lokalen Gruppe. Aufgrund ihrer englischen Bezeichnungen Small Magellanic Cloud und Large Magellanic Cloud werden sie in der Fachliteratur auch oft mit SMC und LMC abgekürzt. Mit ca. 15 Milliarden Sternen in der LMC bzw. 5 Milliarden Sternen in der SMC sind beide Galaxien deutlich kleiner als unsere Milchstraße (ca. 100–300 Milliarden Sterne). Bei der Bestimmung der Entfernung beider Galaxien, vor allem der LMC, gab es jedoch im vergangenen Jahrhundert immer wieder Unsicherheiten, sodass sich bis heute verschiedene Entfernungsangaben in der Literatur finden lassen. Diese variieren zwischen 40 und 80 Kiloparsec (ca. 130.460–260.920 Lichtjahre). Bis zum heutigen Tag konnte diese Unsicherheit aber schon auf 163.000 +/– 2% reduziert werden. Doch auch die Bewegung vieler Sterne in den Zwerggalaxien ruft immer wieder Fragen hervor.
Eine neue Theorie australischer Astronomen legt nun nahe, dass das bekannte Duo des Südhimmels einst ein Trio gewesen sein könnte. Benjamin Armstrong und Kenji Bekki von der University of Western Australia erklären in ihrer Veröffentlichung (11. Oktober 2018), dass eine Kollision zwischen der LMC und einer dritten Galaxie der Ursprung der rätselhaften Sternbewegung, die teils sogar in die komplett falsche Richtung zu laufen schient, sein könnte.
Die bisher gängige Theorie zu diesen rätselhaften Sternen war, dass sie einst zur SMC gehörten und von der LMC eingefangen wurden, als sich beide Wolken näher kamen. Laut Armstrong spricht allerdings dagegen, dass sich die SMC bei dieser Annäherung dann gegen ihre eigene Rotationsrichtung bewegt haben muss, was z.B. durch übrig gebliebene Gas- und Staubreste deutlich widerlegt wird. Aufgrund dieses Widerspruches zogen Armstrong und sein Team in Betracht, dass es ehemals drei Galaxien gegeben haben könnte, wobei die „umgekehrten Sterne“ aus eben dieser dritten Galaxie stammen könnten.
Entsprechende Computersimulationen, die von einer Kollision vor etwa drei bis fünf Milliarden Jahren ausgehen, scheinen diese These zu bestärken: Zu sehen ist eine simulierte LMC, die der realen sehr ähnlich sieht und ebenfalls offenbar rückwärts laufende Sterne aufweist.
Doch trotz der beeindruckend realitätsnahen Simulation sind einige Wissenschaftler skeptisch. Sie berufen sich auf die neuesten GAIA-Daten, die bisher keinen Beleg für die umgekehrte Bewegungsrichtung liefern konnten. Ob einzelne Sterne der LMC tatsächlich rückwärts laufen oder nicht, kann somit noch immer nicht einwandfrei geklärt werden, da die Geschwindigkeitsmessungen vor GAIA durchaus eine solche Interpretation zulassen. Die genauere Auswertung und Simulation der neuen GAIA-Daten könnte jedoch bald Licht in dieses Dunkel bringen und ein für alle mal klären, ob es rückwärts laufende Sterne in der LMC gibt.
Nichtsdestotrotz bleiben die Magellanschen Wolken – ob Duo oder Trio – ein immer wieder aufs Neue lohnendes Forschungsobjekt, da sie den Astronomen helfen, Interaktionen zwischen Galaxien besser zu verstehen.